26. April 2008 – 9. November 2008
So Züüg - Populäre Objektkultur im Appenzellerland
Was ist "Populäre Objektkultur"?
Die Ausstellung thematisierte einen weiten Bereich von Objekten, die sonst in Museen wenig Aufmerksamkeit geniessen: Kleinobjekte, Nippes, Souvenirs und Lieblingsstücke - "hybride" Objekte zwischen allen Kategorien wie (Volks-) Kunst, Kitsch, Kult und Kommerz. Objekte einer privaten Erinnerungskultur, die jenseits von "schön und gut" mit bunt gemischten kulturellen Versatzstücken spielt.
Populäre Objektkultur drückt sich aus im Sammeln und Ausstellen von (meist kleinen) Gegenständen, die eine privat-symbolische Funktion haben. Sie verkörpern etwas zwischen Erinnerung und Sehnsucht, Erfahrung und Traum, Tradition und Gegenwart. Diese Dinge gehören zur Biografie.
1. Globale Alpfahrt: Vom Alpaufzug zur „Cow Parade“
Im Erdgeschoss haben wir den Alpaufzug inszeniert – das zentrale Motiv der appenzellischen Senntumskultur. Aber nicht klassisch-traditionell, sondern in seinen neuen Formen:
● Im grossen gemischten Alpaufzug fahren Kühe aller Gattung miteinander einvernehmlich "öbere": echt appenzellische handgeschnitze und echt industriell massenproduzierte (aus der übrigen Schweiz und "made in irgendwo"). Integration pur.
● In der Wandvitrine findet sich ein „playmobil“-Alpaufzug - ein appenzellischer Alpaufzug aus Originalteilen dieses internationalen Plastikspielzeug-Herstellers. Hier wird die Popularisierung und Kommerzialisierung des Alpaufzugs ironisch weitergedacht.
(Ein Gastbeitrag von Marcus Gossolt)
● Den dritten „neuen“ Alpaufzug konnten wir nur andeuten (mit 6 lebensgrossen, bunt bemalten Kunststoffkühen): Es geht um die Cow-Parades, einen grassierenden Kuh-Kult in den Grossstädten der Welt (ausgelöst durch die erste Cow-Parade in Zürich 1998). Wer sich weiter informieren will, kann am PC in der www-Welt von cowparade.com surfen und wird sich wundern, welches populäre Potenzial diese „urbanen Viehschauen“ haben.
"Cow Parade"-Kühe - urbaner Alpaufzug
Der grosse gemischte Alpaufzug
Der Playmobil-Alpaufzug (Ausschnitt)
2. „9063 Stein AR“
heisst die Inszenierung der Objektkultur der Steiner Bevölkerung, die auf einer "Feldforschung" in der Gemeinde basiert. Wir wollten wissen, wie es in den Stuben und Fluren der wirklichen Appenzellerinnen und Appenzeller aussieht, welche Objekte gesammelt, angesammelt, behalten werden und welche emotionalen Beziehungen dahinter stehen.
Hier soll man sich etwas Zeit nehmen, einen Kopfhörer überstülpen und sich einklinken: Hinter 17 Kastentüren warten 17 Objekt- und Sammlergeschichten auf ihre Entdeckung. In Bild, Text und Hörstationen erschliessen sich 17 individuelle Objektkulturen von Menschen aus der Gemeinde Stein AR.
(Auch dies ist ein Gastbeitrag: Karin Bucher und Rebekka Reich, BUCHERREICH Szenografie, haben das Projekt „Feldforschung direkt“ als teilautonomes Projekt eigenständig konzipiert und realisiert.)
kitsch as kitsch can ... Objektkultur in Stein AR
Den Steiner DorfbewohnerInnen in die Kästen schauen - und hineinhören per Hörstation
3. Appenzeller Wunderkammer
Die „Brauchtums“-Sammlung des Herrn S.
Die „Appenzeller Wunderkammer“ ist ein besonderer Fall von appenzellischer Objektkultur - diejenige eines Sammlers aus Passion. Selber nicht Teil der appenzellischen Tradition, verschafft er sich über die Objekte Anteil daran. Die Objektwelt als Wunscherfüllung.
Der Raum im Raum gibt Einblicke in die phantastische, quasi virtuelle Appenzeller Welt des passionierten Hobbysammlers F.S. Er sammelte auf Flohmärkten, in Brockenstuben, an Brokanten und bei Antikhändlern, was irgendwie appenzellisch und sennisch „roch“, im Sinne fast von Stallgeruch. „So Appezeller Züüg“, wie er sagte auf die Frage, was eigentlich er gesammelt habe (die Frage nach dem Sammlungskonzept). Zusammen kam ein veritables Appenzeller Heimatuniversum.
Vernissage:
26. April 2008
Finissage:
09. November 2008
Finanzielle Unterstützung
● Hans und Wilma Stutz Stiftung, Teufen
● Fredy und Regula Lienhard-Stiftung, Teufen
Weiterer Dank
● Mitarbeitenden des Appenzeller Volkskunde-Museums
● Der Bevölkerung von Stein für die rege Teilnahme an Umfrage und Interviews
● Schreinerei Hugener, Stein AR, für Flexibilität und faire Preise
Begleitveranstaltungen
Vernissage: 26. April 2008
Sonntagsführungen: jeweils 11 Uhr
11. Mai, 8. Juni, 24. August, 28. September, 26. Oktober
Familiensonntage: jeweils 11 Uhr
15. Juni, 31. August
Kinder bringen ihr „Lieblingszüüg“ mit
Sonntagsmatinéen
Sonntag 18. Mai 2008
Internationaler Museumstag, 11 Uhr
Alltag im Museum– Wie der Künstler zum Forscher wird Alex Meszmer, Künstler und Journalist, im Gespräch mit Karin Bucher und Rebekka Reich („Feldforschung direkt“)
Sonntag 22. Juni 2008, 11 Uhr
Der Widerspruch im AppenzellerLesung mit David Signer, Ethnologe und Journalist,mit musikalischen Intermezzi von Ficht Tanner, Kontrabass
Mittwochsvorträge
jeweils 19.30 (das Museum ist ab 18.30 geöffnet)
Mittwoch 28. Mai 2008
Objekte zwischen Welten. Appenzeller Objektkultur früher und heute Marcel Zünd, Ethnologe und Museologe, Konservator am Appenzeller Volkskunde-Museum Stein AR, Kurator „So Züüg“
Mitwoch 20. August 2008
„Zvill Züüg“ – „Messies“ und ihre AnsammlungenAnnina Wettstein, Kulturwissenschaftlerin
Mitwoch 17. Sept. 2008
Nicht berühren! – Geerbte Dinge, heilige Dinge, Museumsdinge
Thomas Antonietti, Ethnologe, Konservator am Geschichtsmuseum Wallis in Sitten und am Lötschentaler Museum in Kippel
Mittwoch 22. Oktober 2008
„Scheusslichs Züüg“ – Warum Touristen Kitsch brauchenUeli Gyr, Kulturwissenschaftler, Professor am Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich
Finissage: 09. November 2008